Monday, November 3, 2008

Sinngedichte

von
Hans Lundahl
Zwischen Gott und Welt
Proudhon
Altfranzösisch
Antichrist
Schulpflicht
Auch ein Sklavenjäger
Stuhlbesitz
Der Abtreiber



Zwischen Gott und Welt
Die Welt ist schlecht
Doch Gott ist gut,
D'rum habe Mut;
Und Wenn dir fecht-
en Zweifel an
So sei ein Mann!

Proudhon
Ich halt' es fast, nicht ganz
Mit einem Herrn Proudhon:
Denn Eigenthum ist Diebstahl nicht
Doch Wucher schon!

Altfranzösisch
Für uns ist Altfranzösisch schwierig,
Viel schwieriger als Neuhochdeutsch,
Und Neufranzösisch ist auch schwierig,
Denn das ist auch nicht Neuhochdeutsch.

Viel schwieriger für die Franzosen
Das Altfranzösisch lernen deucht:
Denn Neufranzösisch seit der Kindheit
Deucht’ ihnen immer kinderleicht.

Und dies war auch für Altfranzösisch
Seit jeher ebengleichso klar:
Denn jenen alten Altfranzosen
Es frisches Neufranzösisch war.

Wer liebt und liest die alten Bücher,
Schreibt manchmal auch ein altes Wort;
Oft fließen auch die alten Phrasen
Im alten Sinne in ihm fort.
Li chrestien unt dreit, li glouton unt t....


Antichrist
Ich möcht' nicht sein der Antichrist,
Er nimmt ein schlechtes Ende;
Und auch der falscheste Prophet
Sein Leben hat verschwendet.

Ich will nicht denken wie die beiden,
Ich will nicht handeln wie die Heiden
Ich muß mich von dem Bößen scheiden
Der Gottes Güte schändet.

Schulpflicht
Was ich will lernen, lern' ich gern,
Was gern ich tu' geht gut;
Klappt's auch nicht gleich, es ist mir fern
Zu geben auf den Mut.
Doch geht ein Fach mir an als Pflicht,
Als Zwang und Sklaverei,
Als Staatsgebot, und anders nicht,
Da wär ich lieber frei!

Auch ein Sklavenjäger
Wer nimmt des Nächsten
Leben, Liebe,
Friede, Freiheit, Ehre,
Damit er ihn
zum eignen Wohle
Arbeitsliebe lehre
Und ihn den Weg
zu and'ren Freunden,
dabei auch verwehre,
Und dafür mann ihn
lobet, lohnet,
wisse daß er ist
Ein Sklavenjäger,
schlimmer als manch
Kolo-nia-list.

Stuhlbesitz
Ich kaufe einen Stuhl, und darf ihn auch verkaufen:
Sei's weil ich ziehe um, sei's weil ich möchte saufen.
Solang ich hab' den Stuhl, ich sag' wer darauf sitzet:
So war seit eh und je, wem-immer einen Stuhl besitzet.

Und wenn ich leih' ihn auß und nehme einen Pfennig,
Bekomm' ich ihn zurück, das ist mir nicht zu wenig:
Ich brauch' nicht zwei zurück, weil lang ich mußte stehen.
Und hab' ich ihn, ich sitz', und tu kein raufen noch vergehen.

Der Abtreiber
Ein Quidam sagt: "ich muss erst überlegen
Ob nächstes Jahr mein Kind ich noch kann pflegen,
Ob fünfe später dieses in der Schul'
Wird cool sein aber dennoch nicht zu cool
Und elfe (später noch) nicht zuviel saufet
Zu blöde flirtet, noch zu rohe raufet.
Sein Lebenslauf ans End' vorauszuseh'n
Ist Pflicht, sonst kann es wirklich schräge geh'n:
Kann ich ihm nicht die Arbeit garantieren
Und Rente noch, ist besser abortieren.
Ach wird die Erde paradiesisch sein,
Wenn abgetrieben ist all' Schuld und Pein!"

Sein Doktor und sein Lehrer in Verein
Ihn loben als verantwortlich, so fein.
Das Mädel - Freundin, Tochter, etwa Schwester
-Des Kindes Tod er haben will, ist düster.

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