Monday, February 11, 2013

Vater der Nazis: Herder oder Chadwick?

Es ist schon in Sibylle Tönniesens Schriften und schon davor "sibylliert" worden, daß der Romantismus, notabel der Nazionalromantismus, Vorgänger des Nazismus sei.

Ich denke da ansers. Herder, das gibt uns die Wandervögel und die Weiße Rose. Obwohl er vom Nazismus nicht abwesend ist - Goebbels hatte Geschmack - kann Herder an und für sich nicht Nazi sein. Da muß schon was ganz anderes dazukommen. U. zw. in solchen Dosen, daß Herder nur noch als Quelle oder Schmuck, aber nicht mehr als Meister dasteht. Ähnlich wie Christus unter den Modernisten, unter denen deren Meister Galileo und Darwin heißen. Und Malthus.

Wenn nun Herder im Romantismus so zum Nazismus steht wie Christus im Christenthum zum Modernismus - wer ist dann etwa so den Nazis wie Galileo und Darwin (vielleicht auch Malthus) es Herrn Bultmann waren?

Nun, einer dieser Meister heißt Ambition, manchmal auch Chutzpah gennant. Ein Blick auf die Familie Goebbels gäbe uns einige Aufschlüsse über Chutzpah wie auch über Masada.

Aber Ambition heißt auch Plan, und Plan braucht Karte - die Ambition von Long John Silver und von Herrn Trelawney brauchte die Karte der Schatzinsel. Gab Herder den Nazis ihren Plan?

Ich denke nicht. Herder interessierte sich für Dinge wie Nibelungenlied oder Ilias und Odyssée. In beiden finden wir "edeler Recken Strîten" was uns, in Bezug auf Drittes Reich ungefähr soweit bringt wie der Antikommunismus der Operation Barbarossa. Aber wirklich nicht zum Massaker der Synagoge Warschaus oder zu Dachau.

In Nibelungenlied ist Sigfrid zwar ambitiös, aber nicht grausam.

Ein englischer Bewunderer des Nibelungenlieds und des Rings vom Wagner (Libretto wie Musik), bedankte sich einmal an den Nazis (siehe Essäensammlung First and Second Things). Warum? Weil die Nazis gemeldet hatten, nicht Sigfrid sondern Hagen sei nun das wirkliche Vorbild deutschen Geistes. Dadurch, so C. S. Lewis, haben die Nazis gezeigt daß sie mit den Nibelungen gar nichts gescheites anfangen, sie verstehen das Ethos der Heldensage nicht. Sie bleibt - ob bei Wagner oder beim Poeten des Zwölften Jahrh:s - Besitz anständiger Leute.

Ich denke, Herder hätte schon Herrn Lewis Recht geben müssen.

Woher stammt dann der Plan der Nazis, oder deren Schlimmsten, wenn nicht aus dem Nibelungenlied (das sie so lesen wie ein Satanist die Bibel ließt)?

Ich meine, sie haben was von Chadwick gelernt. Vielleicht auch oder noch mehr von Wilamowitz. Eher das als Herder.

Wieso nun das?

Nun, Herder interessiert uns (und sich) für Nibelungenlied und Ilias und Odyssée etwa im Sinne "Vox Populi, Vox Dei".

Chadwick suchte in dem einen Gedicht (mitsamt den nordischen und englischen Parallelen dazu) Aufschlüsse über auch die rauhesten historischen Tatsachen des Heroischen Zeitalters der Völkerwanderung, in den beiden anderen über das Heroische Zeitalter der Achäer.

Wilamowitz wollte die Ilias auf eine viel brutalere Ur-Ilias zurückführen, auf einer reinen Achilleis, wo aber Achilleus reuhelos das Leichnam Hektors doch entgültig schändet. Was Quatzsch ist, da Hektors Gebeine zu Theben kamen.

Und die Aufschlüsse die Chadwick uns gibt über die Relation zw. Achäer und Pelasger ist etwa eine Parallele zu Spartiaten und Heloten. M. a. W. die Raubgier die in der Tatsächlichen Operation Barbarossa und noch mehr vielleicht in der Besatzung Polens durch den Nazis (aber auch durch Kommunisten bei Katyn) zu Ausdruck kamen.

Sachen die wir in der Ilias und in der Odyssée ganz und gar nicht erstrangig finden. Sachen die wir im Rückblick - ob nun realistisch oder falsch rekonstruiert - der Herrschaften Wilamowitz und Chadwick auf Realitäten hinter dem bewahrten Text der drei Gedichte schon finden.

Mann wird nicht Räuber weil ein Held vor einem gepriesen wird. Mann wird nicht Räuber weil der gepriesene Held in Wirklichkeit ein Räuber war. Mann wird es manchmal nur wenn mann zuerst versucht Held zu sein und dann findet Räuber ist doch einfacher. Aber auch dann wenn mann selbst dessen bewußt ist, das es ein Räuber ist, der als Held gepriesen wird.

Nehmen wir an, Chadwick hätte Recht gehabt über die Realitäten des Heroischen Zeitalters in seinen beiden Epochen, Achäer und Burgunder, Lykier und Hunnen mit Ostgothen.

Nehmen wir an, diese Realität kommt als Gedächtniserbe und auch sonst als Erbe an Leuten die anständiger geworden sind. Sei's durch Christenthum, oder sei's durch aus äußeren Feinden aufgezwungene Bescheidenheit und Versöhnung. Homerus war bestimmt anständiger als Agamamnon und Achilleus. Der Nibelungendichter war christlicher und anständiger als Hagen und als Kriemhild. Weder der eine noch der andere, auch nicht deren Gönner unterdrückten ihre Bauern wie ... nun, wie es Spartiaten mit Heloten machten oder wie es Nazis mit den Polen machen wollten. Oder Stalin mit der Ukraine.

Über Bauern ist im Nibelungenlied und in der Ilias so gut wie nichts gesagt, in der Odyssée und in der Ilias ein wenig mehr durch den Schweinehirt Eumäus. Brutale Unterdrückung der Armen wird in der Odyssée nur durch den Freiern Penelopens begangen. Etwa wie Beowulf under Heiden spielt aber der christliche Poet kein Heidenthum schildert.

Die Stimme der Völker sagt nicht immer direct was das Volk unter seinen Unterdrückern leidet. Aber sie wird nie und nimmer den Unterdrückern die Tyrannei recommendieren.

Vox Populi, Vox Dei.

Homerusque, Nibelungorumque poeta, Herderusque, ab accusationibus falsae Sibyllae cognomine Tönnies aliorumue absoluuntur.

Hans-Georg Lundahl
Bibl. Univers. Nanterre
Tag der Marien-Offenbarung
in Lourdes
11-II-2013

PS, Chadwick und Wilamowitz kenne ich hier durch Lesung anderer Autoren, Walter Leaf und Bowra.

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